Frankfurt a. M. | 20.02.2018 | Kein Bild
T20180220
1 | Auf Dienstreise.
2 | Ich war nun viele Jahre nicht mehr in Frankfurt. Die Skyline ist erwachsen geworden. Es ist nicht mehr nur ein auch wir haben Hochhäuser, sondern - von einer gewissen Entfernung aus betrachtet - die Anmutung einer typisch amerikanischen Mittelstadt. Aus der Nähe wiederum ist das Ganze weiterhin voller Widersprüche: Wenige Fragmente der alten bürgerlichen Pracht, die der letzte Krieg übrig ließ, durchwirkt von ganz überwiegend grausigen Nachkriegsbauten. Und dies wiederum ist durchsetzt von der Investorenarchitektur der bald eine Dekade andauernden Boomphase. Da hinein geworfen findet sich nun die neue Altstadt am Römer, die auch mich ratlos zurücklässt. Der abendliche Gang vom Hotel am Main entlang führt in das bekannte Thema ein: Großartige Perspektiven stoßen auf kleinmütige oder banale Zweckbauten, die zusammen einfach kein Bild ergeben wollen, sondern eine missratene Collage unterschiedlichster Stilrichtungen darstellen. Die neue Altstadt setzt dieses Frankfurter Thema in gewisser Weise konsequent in konzentrierter Form fort. Sie versucht historische Details wie bestimmte spitze Giebelensembles mit Fassaden zu kombinieren, die irgendwo zwischen Klassizismus, Moderne und Postmoderne stecken geblieben sind. Die klassizistischen Motive dienen als eine Art Rahmenhandlung für die Anordnung von geometrischen Grundmustern wie Rechtecke, Dreiecke oder Trapezformen. Das Ergebnis mag dekorativ nicht unangenehm sein, aber es steht letztlich so isoliert in der zerstörten Stadtlandschaft wie die Hochhäuser oder die Reste des bürgerlich geprägten Handelsplatzes.
3 | Die effektheischende Beleuchtung der Alleebäume am Mainuferpark, die dem Auge geradezu physisch so unangenehm wird, dass sie den Spaziergänger an das äußerste Mainufer drängt, ist ein fast schon tragisches Symbol der wohl unheilbaren Stadtgeschichte.
© Hans Georg Peters | texsicht.de | 08.04.2018 |